Mit dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Vertrages endete im August 1968 eine kurze Periode politischer Reformen in der Tschechoslowakei, die Stefan Heym wie viele Sozialisten seinerzeit mit großen Sympathien verfolgt hatte. Heym fühlte sich seit den ersten Jahren seiner Emigration, die er von 1933 bis 1935 in Prag verbracht hatte, sehr verbunden und hatte dort viele Freunde. Die Tschechoslowakei wurde zum Handlungsort zweier seiner zeitgenössischen Romane – Hostages (1942, dt.: Der Fall Glasenapp) und The Eyes of Reason (1951, dt.: Die Augen der Vernunft).
Vorboten des „Prager Frühlings“ hatte Stefan Heym, der nach dem 11. Plenum des SED-Zentralkomitees Ende 1965 in der DDR in Ungnade gefallen war, bereits während eines Aufenthaltes in der ČSSR um den Jahreswechsel 1966/67 wahrgenommen. Das tschechoslowakische Staatsfernsehen erwog damals eine Verfilmung seines Weltkriegsromans The Crusaders (1948, dt.: Kreuzfahrer von heute / Der bittere Lorbeer). Das Projekt blieb infolge der Niederschlagung der Reformbewegung unverwirklicht.
Die dramatischen Ereignisse in Prag verfolgte Stefan Heym von Berlin aus, während der Niederschrift seiner Novelle Die Schmähschrift oder Königin gegen Defoe, inmitten einer Phase intensiven Schaffens, die mit zunehmenden Sorgen im Alltag einherging. Sowohl seine Frau Gertrude als auch seine Mutter waren schwer krank; beider Leben endete im Laufe der folgenden Monate. Laut Heyms Autobiographie Nachruf telefonierte er noch in der Nacht vor der von ihm bereits befürchteten Intervention mit Bekannten in Prag. Die Frau Hanuš Burgers, eines Weggefährten aus den 1930er-Jahren, der mit ihm gemeinsam das Kindertheaterstück Tom Sawyers großes Abenteuer (1934) verfasst und im Zweiten Weltkrieg wie Heym in der Psychological Warfare der US Army gedient hatte, schilderte ihm die Lage. Burger selbst hielt sich gerade zu Dreharbeiten in Ostrava auf. Am nächsten Morgen rollten Panzer der sowjetischen Armee und ihrer Verbündeten durch das Land.
Angesichts der Reformunwilligkeit der herrschenden Parteien in Osteuropa plädierte Stefan Heym in den folgendenen Jahren mehr und mehr für einen dritten Weg zwischen Ost und West. Am deutlichsten formulierte er diesen Ansatz in seinem Roman Schwarzenberg aus, der 1984 erschien.