Zu Beginn des Jahres 1993 überraschte die Universität Cambridge mit einer offiziellen Pressemitteilung: Der deutsche Schriftsteller Stefan Heym habe sein umfangreiches Archiv an Schriften, Manuskripten, Erstausgaben, Tonbändern, Zeitungen und Flugblättern kürzlich der Universitätsbibliothek Cambridge übergeben. Das außergewöhnlich umfangreiche und reichhaltige Archiv decke alle Lebensabschnitte Heyms ab, sei sorgfältig gepflegt und geordnet, hieß es. Die Sammlung werde zu einer wichtigen Quelle der akademischen Forschung in Cambridge werden.
Heyms Archiv umfasste damals bereits annähernd 300 Archivboxen und Bände mit literarischen Manuskripten, beginnend mit frühesten Gedichten aus den 1930er-Jahren; ferner etliche Mitschnitte, Abschriften und Belegexemplare von Interviews aus mehreren Jahrzehnten, Zeitungsausschnitte und Kopien von Rezensionen sowie mehrere Zehntausend Briefe. Der Bestand wurde später mehrfach ergänzt, in großen Teilen katalogisiert und steht heute als „Stefan Heym Archive“ für Forschungszwecke zur Verfügung.
In Deutschland hatte die Übergabe des Archivs ins Ausland vor 25 Jahren für Verwunderung gesorgt. Der fast 80-jährige Heym erläuterte seine Beweggründe damals mit Verweisen auf tödliche Brandanschläge gegen Ausländer in Deutschland in den Monaten zuvor. „Ich frage mich manchmal, was in einem Land, wo Menschen lebendig verbrannt werden, dann erst mit Papieren geschehen kann“, äußerte er in den Medien. Tatsächlich hatte er den Transfer des Archivs nach Großbritannien bereits vor dem Fall der Mauer vorbereitet. Stefan Heym hatte Sorge, die Staatssicherheit könne die Papiere nach seinem Tod beschlagnahmen. Den Kontakt zur Universitätsbibliothek in Cambridge hatte sein späterer Biograf Professor Peter Hutchinson vermittelt. Er war an der Universität lange Zeit als Professor für Germanistik tätig und hat sich bereits seit den 1970er-Jahren intensiv mit Stefan Heym beschäftigt.