Mit einem Festakt ist der Internationale Stefan-Heym-Preis der Stadt Chemnitz an die polnische Autorin und Publizistin Joanna Bator verliehen worden. Die Preisträgerin nahm den mit 20.000 Euro dotierten Preis am 4. April im Schauspielhaus von Heyms Geburtsstadt aus den Händen von Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig persönlich entgegen. Das Stadtoberhaupt sagte in seiner Begrüßungsrede an die Preisträgerin gerichtet: „Die Themen, mit denen Sie sich beschäftigen, berühren in ihrer Substanz die gesellschaftlichen Debatten, denen wir täglich begegnen – eine offensichtliche Parallele zum Werk Stefan Heyms. Und genau wie er machen Sie es dem Leser nicht so leicht, sich selbst auf eine Seite zu stellen, sondern fordern ihn heraus. In Ihren Büchern geht es um Fragen, die keine einfachen Antworten kennen: Heimat, Identität, Zugehörigkeit, Ausgrenzung – wie verändern sich Menschen, wie verändern sich Gesellschaften, wenn sie sich verändern müssen?“
Die Preisträgerin, die sich nach der Verleihung des Preises auch ins Goldene Buch der Stadt Chemnitz eintrug, sagte, sie empfinde es als große Ehre, mit dem Internationalen Stefan-Heym-Literaturpreis ausgezeichnet zu werden. „Neben der Freude bedeutet dieser Preis auch eine große Verantwortung. Dass meine Romane so viele Menschen berühren, dass sie gesellschaftliche Unterschiede und sprachliche Grenzen überwinden, ist wie ein Anker für mich, wie eine Schnellkur gegen Misanthropie.“
Joanna Bator, Jahrgang 1968, gilt als eine herausragende Stimme der zeitgenössischen europäischen Literatur. Mit ihren ebenso eigenwillig wie kunstvoll und feinsinnig erzählten Texten greift sie leise, aber entschieden aktuelle gesellschaftliche Fragen und Phänomene auf, und lotet sie in ihren historischen Tiefendimensionen aus. Ihr jüngster Roman „Dunkel, fast Nacht“ zeigt, wie Hass eine Gesellschaft zerstören, wie schnell der Firnis menschlicher Moral reißen kann, wenn Menschen mit Veränderung konfrontiert sind. Für diesen Roman erhielt Joanna Bator 2013 die „Nike“, den wichtigsten polnischen Literaturpreis. In diesem Jahr stand die Autorin für das Werk auf der Shortlist des „Internationalen Literaturpreises – Haus der Kulturen der Welt“. Zuvor veröffentlichte sie die Romane „Sandberg“ (2011) und „Wolkenfern“ (2013) sowie zahlreiche Essays und Artikel.
Der Internationale Stefan-Heym-Preis der Stadt Chemnitz wird in Erinnerung an das Leben, Werk und Wirken von Stefan Heym verliehen, der am 10. April 1913 in Chemnitz geboren wurde. Mit ihm sollen zeitkritische und couragierte Persönlichkeiten gewürdigt werden, die wie Stefan Heym als Schriftsteller bzw. Publizisten herausragende und nachhaltig wirkende Leistungen erbracht haben. Erstmals wurde der Preis 2008 an Amos Oz verliehen. 2011 erhielt Bora Ćosić die Auszeichnung. Aus Anlass des 100. Geburtstags Stefan Heyms wurde der Preis 2013 an Christoph Hein vergeben.
Zum Kuratorium, das über die Vergabe des Preises entscheidet, gehören der Präsident des P.E.N. Zentrums Deutschland, der Leiter des C. Bertelsmann Verlages, der Präsident des Goethe-Institutes, der Vorsitzende der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) – Deutsche Sektion, die Vorsitzende der Internationalen Stefan-Heym-Gesellschaft, die Oberbürgermeisterin der Stadt Chemnitz, Frau Prof. Malinowski als Inhaberin des Lehrstuhls für Neuere und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Technischen Universität Chemnitz und zwei Stadträte des Kulturausschusses der Stadt Chemnitz.
An der Preisverleihung nahmen unter anderem Abgeordnete des Deutschen Bundestages und des Sächsischen Landtages von CDU, SPD, Linke und Bündnis 90/Die Grünen teil, ebenso die Chemnitzer Ehrenbürger Christoph Magirius (früherer Superintendent) und Siegmund Rotstein (langjähriger Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde) sowie Mitglieder der Internationalen Stefan-Heym-Gesellschaft und des Kuratoriums zur Verleihung des Internationalen Stefan-Heym-Preises.
Termine: Das komplette Begleitprogramm zur diesjährigen Verleihung des Internationalen Stefan-Heym-Preises finden Sie hier.