Vor 75 Jahren, wenige Wochen vor Ende des Zweiten Weltkrieges, starb der damalige Präsident der Vereinigten Staaten, Franklin D. Roosevelt. Den Schriftsteller Stefan Heym erreicht die Nachricht von seinem Tod als amerikanischer Soldat in Europa. Sie löst bei dem 32-Jährigen Trauer aus, aber auch Verunsicherung über den künftigen Kurs der Amerikaner nach der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus. „Roosevelt war ein Stück innere Sicherheit gewesen; der Mann war zur Leitfigur geworden in dem Kampf, in dem er, Sergeant S.H., so lange gestanden hatte“, beschreibt Heym in seiner Autobiografie Nachruf (1988) seine damaligen Gedanken. „In Jalta hatte Roosevelt noch mitbestimmt, wohin der Marsch gehen sollte […] – wusste einer, ob nun, nach seinem Tode, die Richtung noch eingehalten werden würde?“
Seine Befürchtungen sollten sich bestätigen. In den kommenden Monaten gerät Stefan Heym immer wieder in Konflikte, innere wie offen ausgetragene. Einerseits wegen der seiner Beobachtung nach oft eher halbherzig praktizierten Entnazifizierung in der amerikanischen Besatzungszone, andererseits wegen der raschen Abkühlung des Verhältnisses der Westalliierten zur Sowjetunion, ihrem bisherigen Verbündeten. Eine Reihe seiner Erfahrungen aus dieser Zeit fließt wenige Jahre später in den Weltkriegsroman The Crusaders ein (dt.: Kreuzfahrer von heute bzw. Der bittere Lorbeer). Er wurde zu Heyms literarischem Durchbruch außerhalb der USA und ist bis heute sein weltweit am weitesten verbreitetes Werk.