„Zu Ende. Das deutsche Oberkommando hat sich ergeben, bedingungslos. VE-Day, der Tag des Victory in Europe, auf den man so lange gewartet hat, ist gekommen, der Spuk vorbei.“ – Stefan Heym erlebte den Mai 1945 als amerikanischer Unteroffizier in Bad Nauheim bei Frankfurt am Main, wo die US-Streitkräfte Wochen zuvor einen Teil ihrer für Pressefragen zuständigen Einheiten einquartiert hatten. Als er von der Kapitulation Deutschlands erfährt, begibt er sich aus seiner Stube nach draußen und feuert alle Patronen des Magazins seiner Dienstpistole in die Luft („ein Feuerwerk für mich ganz allein“). Kurz darauf begegnet er einem der örtlichen Parkwächter, als der gerade Fußball spielende Kinder verjagen will. Sergeant Heym weist ihn zurecht. „Es sei Aus und vorbei mit der alten Ordnung“, erinnert sich Heym in seiner Autobiografie Nachruf an seine damalige Standpauke, „und Freiheit herrsche von jetzt an in Deutschland und alle dürften tanzen und singen, überall, neue Tänze, neue Lieder, und umherhüpfen auf dem Kurrasen im Kurpark von Nauheim, kapiert?“
Fünf Jahrzehnte später bezeichnete Stefan Heym in einem Beitrag für die „Berliner Zeitung“ den 8. Mai 1945 als einen jener Momente, „in denen die Menschheit den ersten Schritt unternimmt in eine neue Ära“ – trotz manch enttäuschter Hoffnung bei all jenen, die damals „von einem anderen, besseren, demokratischen oder gar sozialistischen Lande geträumt und oft auch dafür gelitten hatten.“
Lese-Tipp: Stefan Heyms Beitrag „Befreiung“ vom Mai 1995 ist enthalten in dem Sammelband Offene Worte in eigener Sache, der im btb-Verlag erschienen ist. Eine Leseprobe zu dem Buch gibt es hier.